Lassen sich Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung qualitativ und unabhängig miteinander vereinbaren? Diese Frage scheint auch die EU-Kommission zu stellen. Vor allem die großen Marktführer scheinen Binnenmarktkommissar Michel Barnier ein Dorn im Auge mit ihrer Marktmacht zu sein. Wie die Financial Times Deutschland berichtet, soll es den Marktführern untersagt werden, auch im Segment der Unternehmensberatung tätig zu sein. Schon im November sei ein entsprechender Gesetzesentwurf geplant.
Für die Wirtschaftsprüfer dürfte dies ein Schlag ins Kontor sein. Unter Wirtschaftsprüfung kann man sich die Prüfung der finanziellen Struktur eines Unternehmen vorstellen, die im Kern vor allem auf die Jahresabschlussprüfung abstellt. Auch die Prüfung der firmeneigenen Buchhaltung und der Bilanzierung gehört zu dem Kerngeschäft eines Wirtschaftsprüfers. Unternehmen sind jedoch erfahrungsgemäß stark an der Senkung der Kosten interessiert, achten also intensiv auf die Wirtschaftlichkeit, was jedoch nicht in der ursprünglichen Form der Wirtschaftsprüfung enthalten ist. Nach der Wirtschaftsprüferordnung dürfen nur staatlich zugelassene und anerkannte Wirtschaftsprüfer sowie vereidigte Buchprüfer eine Wirtschaftsprüfung durchführen. Die Gewinnmargen sind im Vergleich zu den Einnahmemöglichkeiten einer Unternehmensberatung, welche eher auf die Wirtschaftlichkeit und strategische Ausrichtung des Unternehmens achtet eher gering. Verständlich also, dass sich auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften für den Markt der Unternehmensberatung seit Jahren intensiv interessieren.
Die EU-Kommission will mit der Trennung der Prüftätigkeit vom Consulting sicherstellen, dass unabhängige Wirtschaftprüfung möglich ist und sichergestellt bleibt. Auch wenn dies zu Lasten der Wirtschaftsprüfer geht, die dann nicht mehr an die Beratungsmandate gelangen können. Konkret plane die EU-Kommission, dass Unternehmen, die eine Bilanzsumme von mehr als 1 Milliarde Euro aufweisen, zwei Wirtschaftsprüfer engagieren müssen, wobei mindestens einer der Prüfer nicht von den vier Marktführern kommen darf. Außerdem will die EU den Wirtschaftsprüfern es verbieten, dass sie mehr als neun Jahre für ein und dasselbe Unternehmen tätig sind.
Ob die Pläne der EU-Kommission wirklich umgesetzt werden, hängt stark von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament ab, die zustimmen müssen. Aufgrund der hohen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit fast 30.000 Mitarbeiter und einem Jahreserlös von über 4 Milliarden Euro dürfte der Widerstand gegen die Pläne nicht unerheblich werden.